Digitales Recruiting - Wie KMU Ihre Bewerbungsprozesse digital optimieren können.

Relevanz des digitalen Recruitings

In den Zeiten des Fachkräftemangels wird es für Unternehmen immer wichtiger, effektives Recruiting zu betreiben. Bisher gängige Wege zur Mitarbeitergewinnung funktionieren nicht mehr und Personalsuchende halten Ausschau nach neuen Ideen, um Top-Talente zu gewinnen und diese an das Unternehmen zu binden.

Durch die Digitalisierung ist der Bewerbungsprozess in stetiger Entwicklung, wodurch auch das digitale Recruiting an Bedeutung gewinnt. Während manche Unternehmen schon Recruiting über soziale Medien betreiben, müssen andere sich erst noch von Zeitungsanzeigen trennen. Heutzutage gehören E-Mail und Onlinebewerbungen zum allgemeinen Standard. Wer heute noch Bewerbungen per Post einfordert, kann damit rechnen, nur wenige Bewerbungen zu erhalten. Eins ist klar: es gewinnt das Unternehmen, welches den Bewerbenden die beste User Experience bietet. Es ist nun einmal Fakt:  eine Online-Bewerbung mit einem Klick abzusenden, ist einfacher, als die Unterlagen auszudrucken, einen Briefumschlag zu adressieren, Briefmarken zu kaufen und diesen dann in den Briefkasten einzuwerfen.[1]

Auch wenn einige Unternehmen diese Entwicklung nicht wahrhaben wollten, hat sich spätestens durch Corona gezeigt, dass die Digitalisierung des Bewerbungsprozesses unabdingbar ist. Dies ist nicht nur für Großunternehmen relevant, sondern auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Wir zeigen Ihnen in diesem Artikel, welche Trends es aktuell gibt und wie Sie diese als KMU auch mit geringem Budget umsetzen können.

 

 

Bewerbungsprozess

Der Bewerbungsprozess beginnt in jedem Unternehmen mit dem Bedarf nach neuen Mitarbeitenden.[2] Bevor ein Unternehmen diesen an die Öffentlichkeit weitergibt und eine Stellenanzeige veröffentlicht, muss zunächst beschlossen werden, welche Fähigkeiten der neue Mitarbeitende haben soll. Hierfür wird eine Stellenbeschreibung erstellt, die anschließend als Grundlage für die konkretere Gestaltung von Anzeigen dient. Diese Stellenbeschreibung beinhaltet:

  • Bezeichnung der Stelle
  • Ziel der Stelle
  • Schlüsselqualifikationen

Sind diese Schritte abgeschlossen, beginnt der Bewerbungsprozess (Abbildung 1).

Abbildung 1 Der Bewerbungsprozessverlauf

Abbildung 1: Der Bewerbungsprozessverlauf

 

 

Stellenanzeigen

Auf Grundlage der Stellenbeschreibung wird eine Stellenanzeige veröffentlicht. Da die Arbeitnehmer multimedial unterwegs sind, muss überlegt werden, über welche Kanäle potenzielle Bewerbende erreicht werden können.[3]

 

Abbildung 2 Erste Anlaufpunkte von Bewerbern bei der Jobsuche in Deutschland in 2020 (Quelle: Softgarden e-recruiting GmbH

Abbildung 2: Erste Anlaufpunkte von Bewerbern bei der Jobsuche in

Deutschland in 2020 (Quelle: Softgarden e-recruiting GmbH[4]

 

Bei einer Umfrage wurden Stellensuchende gefragt, was ihr bevorzugtes Medium bei der Jobsuche in Deutschland ist (Abbildung 2). Der Favorit ist hierbei mit 41,9 % die Bewerbung über eine Stellenanzeige auf einer Online-Jobbörse. Mit 25,6 % folgt die Bewerbung auf der Karrierewebseite eines Unternehmens und 12,8 % gaben an, die Businessnetzwerke Xing oder LinkedIn zu nutzen.

Bei der Bewerbung über die Karrierewebseite ist Bewerbenden wichtig, dass der Menüpunkt zur Karriereseite auf der Webseite unter der Hauptnavigation zu finden ist. Auf der Karriereseite selbst bevorzugen die Bewerbenden eine Kombination aus Text und Bild.[5]

Neben den oben genannten Möglichkeiten folgt neuerdings die Google Job-Funktion. Dadurch bietet Google den Unternehmen die Möglichkeit, eine höhere Sichtbarkeit für ihre Online-Stellenanzeigen zu generieren. Damit die Suchmaschine die Stellenanzeige anzeigt, die auf die firmeneigene Webseite führt, müssen die Kriterien der Suchmaschinenoptimierung von Google befolgt werden.[6]

Es bietet sich an, mehrere Kanäle zeitgleich zu bespielen. Um die Kosten im Rahmen zu halten, sollten KMU sich vorher genau überlegen, welche Kanäle für die jeweilige Zielgruppe sinnvoll sind.

 

 

Aufmerksamkeit

Um Aufmerksamkeit zu erregen, muss die Stellenanzeige ansprechend gestaltet sein. Sie sollte auf die Zielgruppe zugeschnitten sein und das Unternehmen authentisch repräsentieren.

Eine klassische Anzeige ist wie folgt aufgebaut:

  • Unternehmensvorstellung mit Logo
  • Wer wird gesucht?
  • Beschreibung der Aufgaben
  • Beschreibung des gesuchten Profils
  • Was hat das Unternehmen zu bieten?
  • Wie läuft der Bewerbungsprozess ab?
  • Aufforderung, mögliches Eintrittsdatum und Gehaltswunsch zu nennen

Bei der Nutzung von mehreren Kanälen muss darauf geachtet werden, dass das Design und der Inhalt einheitlich sind.[7] Falls vorhanden, sollte sich hier am Corporate Design orientiert werden.

 

 

Online-Bewerbungen

In der folgenden Abbildung sind die aktuellen Möglichkeiten zur Bereitstellung von Bewerbungsformularen dargestellt.

 

Abbildung 3 Die aktuellen Möglichkeiten zur Bereitstellung von Bewerbungsformularen

Abbildung 3: Die aktuellen Möglichkeiten zur Bereitstellung von Bewerbungsformularen

 

Für Bewerbungen werden heutzutage immer stärker Online-Profile auf Social Media- oder auch auf Job-Plattformen genutzt.[8] Im Rahmen des Recruiting 1.0 werden Karrierewebseiten, Stellenportale und Recruitingsysteme genutzt.[9] Bei „klassischen“ Bewerbungen über die Webseite sollten Unternehmen folgende Dinge beachten:

  • Übersichtlicher und ansprechender Karrierebereich
  • Mobiles Layout
  • Reduzierung der Bewerbungsformulare auf das Wesentliche
  • Optimierte Ladezeit der Webseite
  • Authentische Darstellung des Unternehmens
  • Basisinformationen zum Arbeitgeber[10]

Im Rahmen des Recruiting 2.0 werden auch Bewerbungen über Social Media zugelassen. Durch die daraus resultierenden Prozesse entwickelt sich das Recruiting dementsprechend weiter.[11] Aktuell gibt es zudem das Recruiting 3.0 und 4.0 bei denen bspw. Künstliche Intelligenz (KI) in Form von Chatbots oder Active Sourcing genutzt werden. Da mit diesen Technologien ein hoher Kostenfaktor verbunden ist, sind diese für KMU schwierig umsetzbar. Sie sollten sich daher zunächst an den Instrumenten des Recruiting 1.0 und 2.0 orientieren.

 

 

Bewerbungstrends

Abbildung 4 Bewerbungstrends für das Jahr 2022

Abbildung 4: Bewerbungstrends für das Jahr 2022

 

Nachfolgend werden Bewerbungstrends für das Jahr 2022 definiert, die KMU stets im Auge behalten sollten. Trend Nummer eins ist das Recruiting über Social-Media-Kanäle wie TikTok, Instagram, Facebook, LinkedIn und XING. Auf diesen Plattformen haben Unternehmen die Chance, sich von einer anderen Seite zu präsentieren, indem Sie Bewerbenden einen Einblick in die Unternehmenskultur und die internen Prozesse bieten. Hier knüpft auch der vierte Bewerbungstrend an. Es wird immer wichtiger, Transparenz, Diversität, Flexibilität sowie allgemein gefasst, eine Wertorientierung zu zeigen.

Trend Nummer zwei ist das mobile Recruiting. Heutzutage hat fast jeder sein Smartphone immer bei sich. Daher sollte es üblich sein, dass Bewerbungsunterlagen über die mobile Ansicht hochgeladen werden können und nicht extra ein Computer dafür benötigt wird.[12] Leider hängen vor allem KMU bei diesem Thema hinterher. Nur rund 44,3 % sind dem mobilen Recruiting gegenüber aufgeschlossen. Daraus folgt, dass nicht alle Bewerbungsformulare für die mobile Ansicht optimiert sind und ca. 46,6 % der Bewerbenden aus diesem Grund schon einmal eine Bewerbung abgebrochen haben.[13]

Zudem wird heutzutage zunehmend KI in Bewerbungsprozessen eingesetzt. . Dieser Trend ist hier nur der Vollständigkeit halber aufgeführt und für KMU zunächst nicht von Bedeutung. Außerdem werden aufgrund des Zeitmangels die klassischen Anschreiben immer weniger relevant. Im Fokus steht nun der Lebenslauf. Der letzte Bewerbungstrend ist die Nutzung von virtuellen Techniken und Videobewerbungen. Dieses Format bietet eine neue Möglichkeit des Kennenlernens der Bewerbenden.[14]

 

 

Vorstellungsgespräch

Auch bei Vorstellungsgesprächen, die nach einer ersten Bewerberauswahl folgen, bieten sich durch digitale Tools, wie Live-Interviews per Video, neue Möglichkeiten. Rund dreiviertel der Unternehmen nutzen Microsoft Teams, Zoom und weitere Tools, um ihre Bewerbenden kennenzulernen. Auch das Vorstellungsgespräch am Telefon ist weiterhin beliebt.[15]

 

 

Status

Den Bewerbenden ist es wichtig, dass bis zu einer ersten Rückmeldung des Unternehmens nicht zu viel Zeit vergeht. Gerade wenn ein Bewerbender sich bei mehreren Unternehmen bewirbt, wartet er auf Rückmeldungen und möchte diese nicht erst nach mehreren Wochen - oder sogar Monaten- erhalten. Rund die Hälfte der in einer Studie befragten Bewerbenden erwarten eine Rückmeldung innerhalb von drei Tagen. Werden sie in dieser Zeit nicht benachrichtigt, nehmen die Bewerbenden, soweit vorhanden, ein anderes Angebot an.[16]

 

 

Zu-/Absage

Auf ein oder mehrere Vorstellungsgespräche folgt anschließend eine Entscheidung seitens des Unternehmens. Sollte noch Unsicherheit herrschen, können gegebenenfalls Zweitgespräche, eine Probearbeit oder auch ein Praktikum angeboten werden. Diese Möglichkeiten sollten zeitnah nach dem ersten Gespräch mitgeteilt werden. Wichtig ist es, dass das Unternehmen sich sicher sein kann, dass die richtige Person eingestellt wird.[17]

Wurde eine Entscheidung getroffen, sollte der Bewerbende, wie bereits im vorherigen Abschnitt erwähnt, umgehend über diese informiert werden. Einhergehend mit der Zusage sollte dem Bewerbenden ein Vertragsvorschlag unterbreitet werden. Erst wenn dieser unterschrieben ist, ist es Zeit, den anderen Bewerbenden abzusagen. Diese Absage sollte höflich formuliert sein und das Unternehmen sollte sich in diesem Zuge für die Bewerbung und auch für das Interesse am Unternehmen bedanken.[18]

 

 

Datenschutz

Durch die steigende Digitalisierung und Automatisierung im Bereich der Bewerbungen werden die Themen Daten und Datenschutz immer relevanter für KMU. Unternehmen müssen immer sorgsam mit den Bewerberdaten umgehen und müssen sich, je nach Plattform, an den dort herrschenden Bestimmungen orientieren. Eine Datennutzung ist nur zulässig, wenn der Recruiter bei der Kontaktanfrage als solcher erkennbar ist und auf die potenzielle Auswertung der Daten hinweist.[19] Bei Bewerbermanagementsystemen müssen die Daten nach einer Absage direkt gelöscht werden. Diese dürfen nur nach ausdrücklicher Freigabe durch den Bewerbenden in einem unternehmenseigenen Bewerberpool gespeichert werden.[20]

 

 

Herausforderungen

Auch wenn digitales Recruiting viele Vorteile bringt, kann es für KMU eine Herausforderung sein die notwendigen digitalen Prozesse in ihrem Unternehmen zu implementieren. Anfangs müssen zum Beispiel Investitionen für ein Recruitingsystem oder eine plattformübergreifende Anzeigenschaltung getätigt werden.[21] Die Kosten für das Schalten einer digitalen Anzeige sind jedoch oftmals geringer als erwartet: so sind Printanzeigen oft mit höheren Kosten verbunden.[22]

Bei Anschaffung eines Recruitingsystems können zudem Schulungskosten anfallen, die sich allerdings schnell rentieren.

Anderseits bietet das digitale Recruiting folgende Vorteile:

  • Aufbau enormer Reichweite durch Nutzung von digitalen Ressourcen
  • Bewerberdaten werden laufend aktualisiert
  • Präzise Zielgruppenansprache[23]

 

Es wird ersichtlich, dass es sich aufgrund der Effizienzgewinnung für Unternehmen und Bewerber trotz der Herausforderungen für KMU lohnt digitales Recruiting einzuführen.

 

Eva Beisemann, Rana Gemici, Alexa Kinder, Judith Loecke und Sara Semrau

 

Quellen

[10] Albrink, Sascha (2018): Usability Check: Darauf achten Bewerber bei Karriere-Websites! In: sixclicks GmbH, 29.06.2018. Online verfügbar unter https://www.sixclicks.de/blog/anfragen-erhalten/usability-check-darauf-achten-bewerber-bei-karriere-websites#rwd, zuletzt geprüft am 12.10.2022.

[1] BeyondHealth (2022): Digitalisierung des Bewerbungsprozesses. Online verfügbar unter https://beyondhealth.de/corporate-blog/die-digitalisierung-des-bewerbungsprozesses, zuletzt aktualisiert am 12.10.2022, zuletzt geprüft am 12.10.2022.

[2] [3] [7] [17] [18] Brüssel, Martina (2019): Praxishandbuch Personalmanagement Für Handwerksunternehmen. Der Weg Zum Attraktiven Arbeitgeber. Unter Mitarbeit von Samantha Stella. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin / Heidelberg.

[20] Germany, CareerBuilder (2022): Datenschutz im Recruiting: Der richtige Umgang mit Bewerberdaten. Online verfügbar unter https://arbeitgeber.careerbuilder.de/blog/datenschutz-im-recruiting, zuletzt aktualisiert am 17.10.2022, zuletzt geprüft am 19.10.2022.

[13] [15] Karriere.de (2021): Coronakrise und Recruiting: Warum digitale Bewerbungsprozesse an Fahrt gewinnen. In: Karriere.de, 19.11.2021. Online verfügbar unter https://www.karriere.de/mein-naechster-job/coronakrise-und-recruiting-warum-digitale-bewerbungsprozesse-an-fahrt-gewinnen/, zuletzt geprüft am 12.10.2022.

[12] [14]OnlineMarketing.de (2022): Bewerbungstrends 2022: Darauf sollten Unternehmen achten | OnlineMarketing.de. Online verfügbar unter https://onlinemarketing.de/karriere/human-resources/bewerbungstrends-2022-unternehmen-jobsuchende-in-jahr-einstellen, zuletzt aktualisiert am 21.04.2022, zuletzt geprüft am 12.10.2022.

[5] personalmarketing2null (2020): Karriereseiten-Umfrage 2020: Was wollen Bewerber? In: personalmarketing2null, 25.02.2020. Online verfügbar unter https://personalmarketing2null.de/karriereseiten-was-wollen-bewerber/, zuletzt geprüft am 12.10.2022.

[6] Poosch, Phil (2022): SEO - So funktioniert die Mitarbeitersuche. In: COMPUTERWOCHE, 23.03.2022. Online verfügbar unter https://www.computerwoche.de/a/seo-so-funktioniert-die-mitarbeitersuche,3552954, zuletzt geprüft am 25.10.2022.

[16] STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. (2022): Jobsuchende erwarten schnelle Rückmeldung. In: DER STANDARD, 24.05.2022. Online verfügbar unter https://www.derstandard.de/story/2000136008958/jobsuchende-erwarten-schnelle-rueckmeldung, zuletzt geprüft am 23.10.2022.

[4] Statista (2022): Erste Anlaufpunkte bei der Jobsuche 2020 | Statista. Online verfügbar unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1176295/umfrage/erste-anlaufpunkte-bei-der-jobsuche/, zuletzt aktualisiert am 26.10.2022, zuletzt geprüft am 26.10.2022.

[8] stepstone (2021): Trendreport: Die Zukunft des Bewerbens. Online verfügbar unter https://www.stepstone.de/wissen/zukunft-bewerben/.

[9] [11]Verhoeven, Tim (2020): Digitalisierung Im Recruiting. Wie Sich Recruiting Durch Künstliche Intelligenz, Algorithmen und Bots Verändert. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.

[22] [23] Vitapio (2022): Vorteile und Nachteile E-Recruiting: So sparen Sie Zeit und Geld! Online verfügbar unter https://www.vitapio.com/vorteile-und-nachteile-e-recruiting/, zuletzt aktualisiert am 25.10.2022, zuletzt geprüft am 25.10.2022.

[21] Wegscheider, Xander (2022): E-Recruiting: So wird das digitale Recruitment zum Erfolg. In: Recruitee, 12.10.2022. Online verfügbar unter https://recruitee.com/de-artikel/e-recruiting, zuletzt geprüft am 25.10.2022.

[19] Wernecke, Paula (2021): Rechtliche Fallstricke beim Social Media Recruiting. In: Haufe, 23.04.2021. Online verfügbar unter https://www.haufe.de/personal/arbeitsrecht/datenschutz-bei-e-recruiting-und-social-media-recruiting_76_541670.html, zuletzt geprüft am 23.10.2022.

 

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